UEBER_LEBEN

3 Projekte – 3 Positionen

In drei sehr unterschiedlichen Projektansätzen fokussieren drei Künstler*innen verschiedene Aspekte der komplexen Gegenwartsentwicklung, skizzieren Analysen, Ansichten und Dokumente menschlicher Überlebensstrategien und Momentaufnahmen akuten Artikulierens.

Wir erfahren gegenwärtig eine der radikalsten Veränderungen der Welt in der Menschheitsgeschichte. Lebensbedingungen wandeln sich auf allen Ebenen. Der immer konkreter spürbare Klimawandel, die Effekte der globalisierten Ökonomiesysteme, das hohe Tempo der Technologieentwicklung erzeugen mit der zunehmenden Destabilisierung politischer und sozialer Systeme ein Drehmoment, das nicht nur die die sozialen und individuellen Lebensbedingungen der Menschen, sondern die gesamte biologische Balance und das Gefüge aller Lebewesen des Planeten nachhaltig verändert.

Die drei Projekte: niemand mischt sich ein, ENTROPY und RED lines – connected, zeigen individuelle und kollektive Wege durch die komplexen Informationszusammenhänge, thematisieren Strategien politischer Entwicklungen und zivilgesellschaftlichen Aktivismus und laden zum Diskurs über die Veränderungsprozesse gegenwärtiger Lebensbedingungen ein.

 

RED lines – connected

Eine performativ – partizipative Installation
Ein Projekt von Aiko Kazuko Kurosaki

Die Farbe ROT evoziert zahlreiche Assoziationen wie Liebe, Aggression, Blut oder Leidenschaft.
Der FADEN zieht sich durch traditionelle und moderne Kulturen mit Bedeutungen wie Verbindung, Vernetzung, Zusammenhalt oder Schicksal. Dem roten Faden wird starker Symbolgehalt zugeschrieben. Die Lebensader, der Lebensfaden in der griechischen Mythologie oder der rote Schicksalsfaden, der nach alter japanischer Vorstellung zwei Menschen verbindet. Gegenwärtig ist der Begriff rote Linie ein Grenzsymbol, dessen Überschreitung nicht wieder rückgängig zu machende Folgen hat, wie im Kontext des Klimawandels oder in der Politik, stark präsent.
Aiko verknüpft in einem performativen Akt eine lange rote Schnur zu einer Installation.
Die politisch aktivistischen Symbolinstrumentarien, mit den damit verbundenen Emotionen, werden mittels innerer Bilder, abstrahierte, jenseits konventioneller Form und Ästhetik liegender Körpersprache und extremer Langsamkeit – Elemente aus dem Butoh, einer aktionistischkünstlerischen Tanzform aus Japan – in eine Skulptur transformiert.
Das Projekt ist aktivistischen Initiativen und Aloise Roth gewidmet.

 

E N T R O P Y

Interaktive Medien-Raum-Installation und performatives ART-LAB
Ein Projekt, geleitet von Thomas J. Jelinek, in Kooperation mit Expert*innen und Künstler*innen des temporären Kollaborativs. Entropie wird im populären Sprachgebrauch mit Unordnung, Diskontinuität, Auflösung und Zerfall gleichgesetzt. Entropie ist ein universelles, physikalisches Gesetz – und die radikale historische Erfahrung unserer Gegenwart. Im Angesicht des Zerfalls der herrschenden Weltordnungen und der sich reproduzierenden Realitätskonstruktion der Destabilisierung in Politik, Ökonomie, Wissenschaft und Kunst, entwirft der offene Diskursraum eine Kartographie entropischer Landschaften, Thesen und Gedankenexperimente.

Seit drei Jahren erforscht eine transdisziplinäre, wechselnde Community aus Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Expert*innen, in verschiedenen Laborsituationen, die Einwirkung entropischer Parameter auf gegenwärtige technologische, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungsprozesse. In transdisziplinären LABs entstanden Artefakte, Apparate, Installationen, Objekte, Theorien, Performances, Sprechakte, Medien- und Gedächtnisspuren aus kollaborativen Prozessen. Die Medien-Raum-Installation ENTROPY versammelt einen Teil der Spuren und Akteur*innen, um die Realität der Gegenwart im Simulationsraum herzustellen.

 

niemand mischt sich ein

hat macht | niemand kennt sich aus | wir sind mächtiger als irrglaubt !

zufallsindoktrinator # 147
ein Projekt von niemand*

… dies ist keine Ausstellung, sondern ein Prozess, offener Arbeitsraum und Diskursraum Aktivistinnen und NGOs werden im Vorfeld, das Publikum wird vor Ort eingeladen, sich am Prozess zu beteiligen.

projektions guerilla tour
Höhepunkt des gemeinsamen Arbeitsprozesses ist die Projektions Guerilla Tour : am Künstlerhaus beginnend, fährt sie zu neuralgischen Punkten der Stadt, an die Orte der Macht, der Kapitalation, an die Stätten der Menschenrechte. Feministische Forderungen, die aktuelle Regierung und die Dominanz der Finanz sind die Themen der Intervention, die in einem durchlässigen Arbeitsprozess vor Ort entwickelt wird. Als Dokumente und Artefakte wird die Aktion schliesslich in den Raum reintegriert.

*niemand ist eine multiple, polyverse Persönlichkeit, die sich jede aneignen kann, die sich angesprochen fühlt. Jede kann mitmachen, jede könnte niemand sein. Gleichzeitig steht niemand für all jene, die nicht jemand, also wichtig, bedeutend oder mächtig sind, für die ohne Stimme, ohne Gewicht, ohne Sichtbarkeit im öffentlichen Diskursraum.